Klausurtagung in Nördlingen: FREIE WÄHLER-Fraktion will berufliche Bildung als Grundpfeiler der bayerischen Wirtschaft stärken
Gotthardt: Gute Berufsausbildung sicherstellen – Berufsorientierung an Schulen stärken
Nördlingen. Technischer Fortschritt, struktureller Wandel, Fachkräftemangel – Bayerns Handwerk und Industrie stehen aktuell vor großen Herausforderungen. Bei ihrer Herbstklausur im schwäbischen Nördlingen hat die FREIE WÄHLER Landtagsfraktion daher am Donnerstag eine Resolution zur Stärkung der beruflichen Bildung als Grundpfeiler der heimischen Wirtschaft verabschiedet.
„Wir stehen für ein starkes bayerisches Handwerk, einen zukunftsfähigen Mittelstand und eine leistungsfähige Industrie sowie gut ausgebildete Leistungsträger. In zahlreichen kleinen und mittelständischen Betrieben stellen sie einen Kernbestandteil der Unternehmenslandschaft im Freistaat dar und sind beispielsweise für die Umsetzung der flächendeckenden Energie- und Wärmewende unabdingbar. Bayerns beste Bildung baut auf schulische Berufsorientierung als tragende Säule. Und wir bringen neuen Gründergeist an Bayerns Schulen“, erklärt der bildungspolitische Sprecher Tobias Gotthardt.
Für Klausurreferent Wolfgang Haschner, Leiter des Geschäftsbereichs Berufliche Bildung der IHK Schwaben, steht dabei fest: „Ohne beruflich Qualifizierte können wir die großen Aufgaben unserer Zeit nicht bewältigen. Um den Fachkräftebedarf der Wirtschaft – insbesondere den der Unternehmen aus Produktion, Handel und Dienstleistungen – auch künftig zu sichern, sind gemeinsame Aktivitäten erforderlich.“ Schulabgänger und deren Eltern müssten zu Themen der beruflichen Orientierung sowie über Aus- und Fortbildungsmöglichkeiten umfassender und intensiver informiert werden. „Die vielen offenen Ausbildungsstellen werden nur besetzt, wenn wir die duale Ausbildung und die höhere Berufsbildung zielgruppengerecht weiterentwickeln sowie die Gleichwertigkeit beruflicher und akademischer Bildung sicherstellen“, so Haschner.
Um Bayerns Handwerk nachhaltig den Rücken zu stärken, setzt die FREIE WÄHLER-Fraktion laut Roland Weigert, Staatssekretär im Wirtschaftsministerium, auf ein breites Maßnahmenpaket: „Wir stehen hinter der Errichtung neuer, großer beruflicher Bildungszentren. Sie sind ein notwendiger Schritt in die Unterrichtung moderner digitaler Verfahren und neuester Technologien.“ Eine weitere wichtige Maßnahme bilde zudem die Stärkung der überbetrieblichen Lehrlingsunterweisung. „Dadurch wird sichergestellt, dass die Auszubildenden der Handwerksberufe ihre Tätigkeit auf modernstem technologischem Niveau und mit entsprechender berufspädagogischer Begleitung erlernen“, so Weigert.
Der wirtschaftspolitische Sprecher Manfred Eibl betont, dass das Handwerk sein volles Potenzial zukünftig als Technologiegestalter entwickeln solle, um sein Leistungsvermögen in den Bereichen „High-Tech“ und „High-Service“ in die Wertschöpfungsketten einzubringen. „Daher wollen wir das erfolgreich gestartete Programm ‚Handwerk Innovativ‘ verstetigen. Dieses bietet einen Förderrahmen, in dem Handwerksorganisationen Forschungs- und Entwicklungsprozesse in Kooperation mit Wissenschaftseinrichtungen umsetzen können“, erklärt Eibl. Dadurch könnten sowohl neue Produkte, Produktionstechniken sowie Kooperationsformen entwickelt und aufgebaut als auch neue Märkte erschlossen werden.
Dazu Klausurreferent Werner Luther, Kreishandwerksmeister der Kreishandwerkerschaft Nordschwaben: „Arbeit, Klimaschutz, Digitalisierung, Modernisierung der Infrastruktur, Wohnungsbau, ressourcenschonendes Leben – unsere Gesellschaft steht vor großen Herausforderungen. All diese Aufgaben können wir nur mit gut ausgebildeten Handwerkerinnen und Handwerkern lösen.“ Die Politik müsse die berufliche Bildung daher gleichwertig zur akademischen Bildung anerkennen und fördern. „In den Schulen gilt es, praktische Fertigkeiten wieder mehr zu fördern und die Karrieremöglichkeiten im dualen Bildungssystem im Rahmen der Berufsorientierung als echte Alternative zum Studium aufzuzeigen. Handwerk liegt in der Natur des Menschen. Es muss gelingen, dass mehr Menschen es auch wieder zu ihrem Beruf machen“, so Luther.
Gotthardt betont, dass die Zusammenarbeit von Kammern und Hochschulen weiter gestärkt werden müsse. „Die berufsständigen Kammern und Hochschulen arbeiten in der Praxis bereits in allen Regionen Bayerns im Rahmen vielfältiger Maßnahmen zusammen. Mit der Umsetzung der Hightech-Agenda-Maßnahme ‚Offene Hochschule‘ unterstützen wir zudem Neuerungen in Rahmen des Hochschulinnovationsgesetzes (HIG)“, so Gotthardt. Dies umfasse die Schaffung weiterer Formate zur Weiterqualifizierung von Personen ohne ersten Hochschulabschluss, die im HIG vorgesehen sind. „Wir setzen uns dafür ein, den Austausch zwischen den berufsständigen Kammern, Technologietransferzentren und Hochschulen vor Ort weiter zu intensivieren. Mit Inkrafttreten des HIG könnten zugleich Neuerungen flankiert werden“, erläutert Gotthardt.
LautKultusminister Prof. Dr. Michael Piazolo solle darüber hinaus ein „Tag des Handwerks“ an Bayerns weiterführenden Schulen eingeführt werden: „Damit wollen wir Handwerksbetrieben die Möglichkeit geben, Schülerinnen und Schülern ihre vielfältigen Berufsfelder vorzustellen.“ Kultusstaatsekretärin Anna Stolz fügt hinzu, dass die FREIE WÄHLER-Fraktion die Berufsorientierung als schulartübergreifenden Auftrag und Aufgabe der Schulen noch stärker im Bayerischen Gesetz über das Erziehungs- und Unterrichtswesen betonen wolle. „Diese beiden Maßnahmen werden die bereits etablierten Angebote zur beruflichen Orientierung an den Schulen ergänzen und zur Gewinnung zukünftiger Fachkräfte beitragen“, so Stolz.
Dazu Klausurreferent und Oberstudiendirektor Raimond Eberle, Schulleiter des Staatlichen Beruflichen Schulzentrums Nördlingen: „Schülerinnen und Schüler aus beruflichen Schulen sind nach ihrem Abschluss gerade in ländlichen Gegenden ohne Hochschule vor Ort die Fachkräfte, welche den betrieblichen Erfolg in mittelständischen Unternehmen wesentlich garantieren. Nur durch eine enge Zusammenarbeit von Politik, Wirtschaft und Schulen wird die duale Ausbildung passgenau für die beruflichen Anforderungen in den Betrieben der Zukunft. Das Stichwort lautet hier: digitale Transformation“, so Eberle.
FürKlausurreferent Hans-Peter Rauch, Präsident der Handwerkskammer für Schwaben, sind berufliche Bildung und in der Folge kompetente Fachkräfte der Schlüssel für ein erfolgreiches Handwerk: „Wenn die berufliche Bildung im Handwerk nicht massiv gestärkt wird, hat dies dramatische Folgen für die gesamte Gesellschaft. Die politischen Ziele im Klimaschutz und Wohnungsbau werden unerreichbar, die Grundversorgung wird über weite Strecken gefährdet.“ Wenn eine flächendeckende Versorgung der Menschen mit Produkten und Dienstleistungen aus Mangel an Nachwuchskräften nicht mehr gewährleistet werden könne, gehe dies zu Lasten der Lebensqualität in allen Landesteilen, der Zukunftsfähigkeit sowie der Sicherheit des Landes. „Der soziale Frieden ist in Gefahr. Deshalb fordert das schwäbische Handwerk ein Jahrzehnt der beruflichen Bildung. Dies muss sich auf im Wahlprogramm der FREIE WÄHLER-Fraktion wiederfinden“, so Rauch abschließend.
Hinweis: Die erwähnte Resolution finden Sie HIER.