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Unser Pressefoto zeigt von links: Brigitte Bührlen; Generaloberin Edith Dürr; Prof. (Univ. Lima) Dr. Peter Bauer, MdL; Ulrike Follardt.
12.06.2018

Kongress der FREIEN WÄHLER: „Pflegende Angehörige am Limit – was tun?“

Bauer: Staatsregierung muss Pflegekammer für Bayern einrichten

München. Die FREIEN WÄHLER haben am Montag im Bayerischen Landtag viele Gäste zu ihrem Kongress „Pflegende Angehörige am Limit – was tun?“ empfangen. Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende und pflegepolitische Sprecher Prof. (Univ. Lima) Dr. Peter Bauer diskutierte mit Experten und Betroffenen, wie ein Älterwerden in den eigenen vier Wänden ermöglicht werden kann und welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, damit Angehörige die Pflege mit ihrer Berufstätigkeit besser vereinbaren können.

Bauer forderte ein konkretes Maßnahmenpaket: „Bessere Rahmenbedingungen und eine angemessene Bezahlung für das Pflegepersonal sind zwingend erforderlich. Um den wachsenden Bedarf an geeigneten Pflegerinnen und Pflegern zu decken, müssen diese für unsere Gesellschaft wertvollen Berufe in jeder Hinsicht attraktiver werden. Wichtig hierfür sind ein verbesserter Personalschlüssel, eine qualifizierte Aus- und Weiterbildung, der Abbau unnötiger Bürokratie sowie die Reduzierung der psychischen und physischen Belastung aller Pflegenden.“ Nur so sei eine Aufwertung des Pflegeberufs in der Gesellschaft zu erreichen. Wer auf Missstände in der Pflege hinweisen wolle, müsse dies bei einem ortsnah ansässigen Ombudsmann tun können, so Bauer.

Arztbesuche, Behördengänge, Steuererklärung, Wäsche machen und vieles mehr – innerhalb kürzester Zeit musste Brigitte Bührlen, Vorsitzende der „WIR!-Stiftung pflegender Angehöriger“, das Leben ihrer pflegebedürftigen Mutter zusätzlich managen, eine unterstützende Tagespflege gab es nicht. Pflegende Angehörige leisteten 4,9 Milliarden Stunden im Jahr – entsprechend 44 Milliarden Euro unbezahlter Leistung. Dies entspreche dem Dreifachen der Kosten, die aktuell durch die Pflegeversicherung übernommen würden. Daher bedürfe es einer nationalen Kraftanstrengung, um pflegenden Angehörigen in akuten Situationen schneller helfen zu können. Spätestens wenn der Pflegende selbst erkranke, zeige sich das gesamte Dilemma der heutigen Pflege in Deutschland.

Generaloberin Edith Dürr, Vorsitzende des Bayerischen Landespflegerats, empfahl, sich rechtzeitig eine passende Pflegeeinrichtung zu suchen – dann, wenn es den Menschen noch gut gehe. Denn es sei seelisch belastend, Pflegender Angehöriger zu sein. In einer noch schwierigeren Situation sei derjenige, der offen bekenne, er könne oder wolle die Pflege nicht selbst leisten. In den skandinavischen Ländern etwa sei die Pflege komplett steuerfinanziert – und zuständig sei zu allererst die Gemeinde, nicht die Familie. In Frankreich würden an Betroffene Voucher ausgegeben, mit denen entsprechende Dienstleistungen eingekauft werden könnten. Es sei daher wichtig, dass Deutschland sich Anregungen aus dem Ausland hole, um hierzulande optimal passende Lösungen zu finden.

Eine Reduktion der Arbeitszeit, wie sie zwischenzeitlich von der Politik für pflegende Angehörige ermöglicht worden sei, komme oftmals nicht infrage, da die Betroffenen dann ihren Lebensunterhalt nicht mehr bestreiten könnten, so die pflegende Angehörige Ulrike Follardt. Stattdessen bedürfe es in jeder Gemeinde eines kommunalen Pflegestützpunkts. Dieser solle Betroffene als zentrale Anlaufstelle fachlich optimal unterstützen, ohne dass diese sich vorher zu Sozialversicherungsexperten weiterbilden müssten, wie es jetzt der Fall sei. Vergleichbar sei dies mit einem Autofahrer, der eine Reifenpanne habe und als zentralen Ansprechpartner den ADAC kontaktiere.

Bauer ergänzte, die FREIEN WÄHLER setzten sich im Bayerischen Landtag für die Förderung alternativer Wohnformen ein – insbesondere für Demenzkranke. Der Ausbau der Tagespflege sei entscheidend für die Entlastung von Menschen, die Ihre Angehörigen pflegen. Abschließend stellte der Abgeordnete aus dem mittelfränkischen Sachsen bei Ansbach fest: „Wir müssen die Pflege aus den Strukturen des 19. Jahrhunderts befreien und zukunftsfest machen, denn die derzeitige Situation in Bayern ist weder für Pflegebedürftige noch für die Pflegenden akzeptabel. Wer beiden eine starke Stimme geben will, kommt an der Einrichtung einer Pflegekammer nicht vorbei – das muss auch die Bayerische Staatsregierung endlich erkennen und umsetzen.“


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