Parlamentarischer Abend „Wachablösung bei der Bayerischen Polizei – was kommt nach der Pensionierungswelle?“ stieß auf großes Interesse
Gottstein: Polizeiberuf muss attraktiv und geachtet bleiben
München. Wie kann die Bayerische Polizei den anstehenden Generationenwechsel der kommenden Jahre bewältigen, ohne nachwachsende Mitarbeitergenerationen zu überfordern? Ein Parlamentarischer Abend der FREIEN WÄHLER, zu dem die Abgeordnete Eva Gottstein gemeinsam mit ihrem Fraktionskollegen Peter Meyer eingeladen hatte, sollte am vergangenen Freitag schlüssige Antworten darauf liefern. Ein Drittel der Beamten gehe in den kommenden Jahren in den wohl verdienten Ruhestand, so Landtagsvizepräsident Meyer. „Angesichts einer steigenden Internet- und Drogenkriminalität sowie wachsender Gewalt gegen Polizisten ist das ein gewaltiger Aderlass.“ Die FREIEN WÄHLER wollten sich daher gegen Sparmaßnahmen der Staatsregierung am Polizeietat einsetzen, damit die Beamten auch künftig Garant der Sicherheit blieben, sagte Meyer. Dem schloss sich der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Bernhard Pohl in seinem Grußwort an: „Besonders die Innenpolitiker im Landtag müssen fraktionsübergreifend zusammenarbeiten und sich nachdrücklich für eine angemessene Sach- und Personalausstattung der Bayerischen Polizei einsetzen“, forderte Pohl.
Johann Wengenmeir, Vorsitzender des Bundes Deutscher Kriminalbeamter in Bayern, berichtete über ständig neue Herausforderungen, mit denen sich seine Kolleginnen und Kollegen im Dienstalltag konfrontiert sähen – vor allem im Bereich der Umwelt- und der Internetdelikte. Aktuell arbeiteten im Freistaat bereits 26.000 Beschäftigte für private Sicherheitsdienste. Es spreche für sich, dass sich diese Zahl jedes Jahr um weitere 1.000 Menschen steigere. Daher müsse die Attraktivität der Polizei erhöht werden – etwa indem ihr mehr spezialisiertes Personal zur Verfügung gestellt werde. Der stellvertretende Landesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Peter Schall, äußerte, er erwarte einen größeren Rückhalt seines Dienstherrn. Dieser müsse Beamten, die unverschuldet in juristische Schwierigkeiten gerieten, einen Anwalt stellen. Auch die Zahlung eines Schmerzensgeldes an im Dienst von Straftätern verletzte Kolleginnen und Kollegen müsse eine Selbstverständlichkeit sein. Schall setzte sich für weitere Stellenhebungen ein, da dies nicht nur die Motivation der Beamten hebe, sondern auch wichtig für die Attraktivität des Berufs bei jungen Leuten sei.
Ministerialrat Manfred Hauser, Leiter des Referats „Personal der Polizei und des Landesamts für Verfassungsschutz; Aus- und Fortbildung“ im Bayerischen Innenministerium, berichtete, alle pensionsbedingt weggefallenen Polizeikräfte der vergangenen zwei Jahre seien vollständig ersetzt worden. Es habe in diesem Zeitraum sogar ein effektives Plus von rund 700 Beamten gegeben.
Mehr Fairness bei der internen Beurteilung von Polizisten forderte Birgit Manghofer, Beauftragte für Frauen und Familie der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG). Auch bayerische Polizistinnen würden nach einer Babypause gerne schnell in Teilzeit weiterarbeiten. Dies sei ohnehin dringend erforderlich, um die unter starker Arbeitsbelastung stehenden Kollegen zu entlasten. Polizei-Teilzeitkräfte bekämen jedoch oft schlechtere Beurteilungen, weil sie angeblich weniger leisteten. Das führe im Ergebnis zu einem unterproportionalen Aufstieg von Frauen im Polizeidienst und sei alles andere als fair. Telearbeit werde häufig erst gar nicht genehmigt. Manghofer setzte sich nachdrücklich für eine verbesserte Vereinbarkeit von Beruf und Familie ein. Zudem müssten personelle Ausfälle schneller kompensiert werden, weil die verbliebenen Beamten mancher Polizeiinspektionen sonst überfordert würden.
Auch Hermann Benker, Landesvorsitzender Bayern sowie stellvertretender Bundesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), warnte vor einem drohenden Pensionierungsüberhang. Es müsse gelingen, vorausschauender einzustellen und auf diese Weise vor allem den sich aus Elternzeiten ergebenden Bedarf schneller zu kompensieren. Konkret gehe es um etwa 1.300 bis 1.400 Stellen jährlich, ohne die sich das hohe Sicherheitsniveau im Freistaat auf Dauer nicht halten ließe.
In ihrem Schlusswort äußerte die stellvertretende Vorsitzende des Landtagsinnenausschusses Eva Gottstein, neue Herausforderungen an die innere Sicherheit des Freistaats Bayern erforderten auch zusätzliche Haushaltsmittel. Allzu pessimistischen Zukunftsaussichten mochte sich Gottstein nicht anschließen. „Ich bin begeistert darüber, welche Ausbildungsmöglichkeiten sich bei der Polizei heute erschließen, beispielsweise im IT- und im Kriminalistik-Bereich.“ Dies komme dem verstärkten Karrierestreben junger Menschen sehr entgegen, so Gottstein. „Veränderungen beinhalten immer auch neue Chancen. Wir FREIE WÄHLER werden uns im Schulterschluss zwischen Politik, Polizei und Bürgern dafür einsetzen, dass der Polizeiberuf attraktiv und geachtet bleibt.“